Musikalisches Wrestling für Intellektuelle
Ob „Pampers-Blues" oder legoländische Schnulzen:
Das Theater LU.S.T sorgte im Freiburger Theatercafé für Bombenstimmung

Das mit dem Theater-„Sport" hat die Truppe L.U.S.T. schon immer emst genommen: Wie im Dreisamstadion erklingt auch im Theatercafe stets das Badnerlied, bevor das improvisierte Schauspielmatch beginnt; „Allez les Bleus!" und „Jetzt kommt ge-helb" rufen eingeweihte Fans, während die Mini-Mannschaften in blauen und gelben Trikots die Bühne entern. Hier spielt die 1994 gegründete Stegreif-Gruppe inzwischen so oft, dass man schon von Heimspielen sprechen kann.

Am Faschingsdienstag hatten L.U.S.T. nun eine Neuigkeit für ihre Anhänger vorbereitet. Weil zu einem zünftigen Sportereignis auch ein paar Gesänge gehören, gab's an diesem Abend das erste theatersportliche „Musik-Match". Wie immer konnte das Publikum durch Zurufe die Themen der dargebotenen Musik-Nummem bestimmen.

Bei einem Grand Prix d'Eurovision im Kleinformat wurde auf Wunsch ein Beitrag auf „legoländisch" geboten, ein live 'angesungener CD-Sampler enthielt einen gröligen „Pampers-Blues" und bei lockeren Reggae-Rhythmen wurde die Legalisierung des Tango-Tanzes gefordert. Dass bei der gesanglichen Umsetzung von Vorgaben wie „Im Garten Eden gibt's kein Koks" so mancher Rat-losrefrain zu hören war, störte die Zuschauer nicht im geringsten. Schließlich lebt Theatersport auch von der kitzelnden Frage, ob denen da auf der Bühne zu Themen wie „Vier Fäuste für den Papst" überhaupt noch etwas einfällt. Und die Freude, die Spieler auch mal ratlos stammeln zu sehen, ist im Zuschauerraum mindestens so groß wie die über einen guten Gag.

Schließlich ist man nicht nur gekommen, um die Schauspieler beifällig mit den ausgeteilten Bonbons zu bewerfen; auch die vorbereiteten Zeitungsbällchen will man den Akteuren treffend um die Ohren fliegen lassen. Wer zum Theatersport geht, sucht keine perfekte Darbietung, sondern die lautstarke Interaktion mit den Schauspielern - das hat auch das„Theater für Leidenschaft und Spieltrieb" längst erkannt. Bei der Moderation wird fröhlich hin und her geneckt, bis die Atmosphäre an einen warmgelaufenen Kindergeburtstag erinnert und spätestens als einer der Spieler zur Vorgabe „magischer Waschbrettbauch" kokett trällernd das T-Shirt lupft, herrscht im Theatercafé eine Bomben-Stimmung - so muss sich Wrestling für Intellektuelle anfühlen.

Wie bei dem amerikanischen Show-sport ging es auch bei der Freiburger Variante nicht um den Matchgewinn, sondern schlicht um Fun - und den hatte man in der Fankurve des Theatercafes offensichtlich. Susanne Merkwitz (Badische Zeitung 9.März 2000)